Wie akkreditiert man Studiengänge, die von einer chinesischen und einer deutschen Hochschulen in Zusammenarbeit angeboten werden? Diese Frage stellte sich der Chinesisch-Deutsche Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW) in Shanghai ebenso wie der Akkreditierungsagentur AQAS, denn die Zertifizierung internationaler Studienprogramme ist noch längst keine Routine.
Gespräche mit Studierenden der CDHAW
Die CDHAW ist ein kooperatives Projekt der Tongji-Universität und eines Konsortiums von inzwischen 17 deutschen Hochschulen1, das in der Aufbauphase durch das chinesische Ministry of Education (MoE) und das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Das Ziel der CDHAW ist es, chinesische Studierende praxisorientiert und mit einem eindeutigen Deutschlandbezug auszubilden. Eine besondere Herausforderung bei der Konzeption von drei Bachelor-Studiengängen lag also nicht nur in der binationalen Ausrichtung, sondern auch im Netzwerkcharakter des Gesamtprojekts auf deutscher Seite. Die Studiengänge sind dadurch gekennzeichnet, dass nicht einfach deutsche Studiengänge nach China exportiert wurden, sondern dass von chinesischen und deutschen Partnern ein neues Konzept erarbeitet wurde, das sowohl chinesischen Anforderung an die Ausbildung als auch deutschen Gepflogenheiten eines Studiums gerecht werden musste. Die drei Bachelorstudiengänge Fahrzeugtechnik, Mechatronik und Versorgungstechnik, für die die Akkreditierung beantragt wurde, werden bereits seit dem Wintersemester 2004/2005 von der CDHAW angeboten. Alle Studiengänge haben eine Regelstudienzeit von 8 Semestern, in denen insgesamt 240 Credits erworben werden. (Zur Struktur der Studiengängen s. Kurzberichte von AQAS).
Erläuterungen für Gutachter
Das Vorgehen beim Akkreditierungsverfahren an der CDHAW entsprach im Wesentlichen dem Vorgehen, das international üblich ist: 1) Die Hochschule erstellt einen Bericht, in dem die Ist-Situation beschrieben wird. 2) Eine externe Gutachtergruppe führt eine Vor-Ort-Begutachtung durch und verfasst anschließend ein Gutachten. 3) Auf Basis der Empfehlungen der Gutachter zur Optimierung der Studienprogramme findet ein Follow-up statt.
Die Aufgabe der von AQAS eingesetzten Gutachter bestand darin, die Einhaltung von allgemeinen Qualitätsanforderungen zu prüfen und die Einhaltung von Formalia, die von deutscher Seite verpflichtend sind. Darüber hinaus mussten sie natürlich eine fachlich-inhaltliche Begutachtung der drei Studienprogramme vornehmen. Bezüglich aller Aspekte kam die Gutachtergruppe am Ende des Begutachtungsprozesses an der CDHAW zu einem sehr positiven Ergebnis. Sie würdigte ausdrücklich, dass die Studienprogramme gemeinsam von chinesischen und deutschen Experten ausgearbeitet wurden und lobte das Profil der drei Studiengänge: „Alle Studiengänge haben eine klare Struktur und Zielstellung definiert. Die Zielstellungen, Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Praxis zu vermitteln, sind klar erkennbar und spiegeln sich im gesamten Studienablauf wieder.“ Die Gutachter zweifelten nicht daran, dass die Absolventen über attraktive Qualifikationsprofile verfügen und sich gut auf dem Arbeitsmarkt behaupten werden.
Laborbegehung mit Gutachtern und Lehrenden
Die wesentliche Schlussfolgerung, die aus den Erfahrungen mit dem Akkreditierungsverfahren an der CDHAW ziehen lässt, ist, dass sich das Prozedere unproblematisch nach deutschem Muster durchführen ließ und zu einem erfolgreichen Abschluss führte. Es stellte sich heraus, dass alle wesentlichen Verfahrensschritte mit dem Ablauf, wie er in China praktiziert wird, vergleichbar sind. Zwangsläufig sind Akkreditierungsverfahren für internationale Studiengänge für die Hochschulen zeitaufwändig, weil der Abstimmungsbedarf hoch ist. Weitere Erfahrungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ohne einen zentralen Koordinator von Seiten der Hochschulen, der als Vermittler zwischen allen Akteuren fungiert, ist der Prozess sehr schwierig. Für die Begutachtung der Hochschule sollte mehr Zeit als üblich eingeplant werden, um anderen Gesprächssituationen gerecht zu werden. Das zentrale Thema bei der Akkreditierung von internationalen Studiengängen ist der Umgang mit Heterogenität. Auch wenn jedes Land glaubt, bereits die höchsten Qualitätsanforderungen an ein Studium zu erfüllen, müssen alle Beteiligten akzeptieren, dass man auf verschiedenen Wegen zum Ziel kommen kann. Das, was bei internationalen Konferenzen zur Qualitätssicherung als „mutual trust“, also als gegenseitiges Vertrauen (in die Qualität) andersgearteter Akkreditierungsverfahren und Ausbildungssysteme theoretisch akzeptiert ist, muss sich im Verfahren praktisch beweisen – was nicht immer leicht fällt.
1FH Aachen, FHTW Berlin, FH Bingen, HS Bochum, FH Brandenburg, FH Braunschweig/Wolfenbüttel, FH Coburg, HS Esslingen, HS Erfurt, FH Ingolstadt, FH Jena, FH Kiel, FH Köln, HS München, FH Wiesbaden, HS Zittau/Görlitz, WSH Zwickau